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19. Mai 2023

100 Jahre intensiv gelebtes Leben

Seit vielen Jahren ist Irmgard Stronk Mitglied im DSkV und gern gesehener Gast bei vielen Skatveranstaltungen, am 28. Mai wird Irmgard 100 Jahre alt.

Irmgard ist eine mehr als bemerkenswerte Persönlichkeit – Yvonne Döbler stellt sie Euch vor.

100 Jahre intensiv gelebtes Leben

„Mit 100 darf man ein bisschen vernünftig sein“, findet Irmgard Stronk, lacht und klingt, als hätte sie gar keine Lust auf vernünftig. Vernünftig – das war sie eigentlich noch nie. Eher selbstbestimmt. Unabhängig. Aktiv und gestaltend.

Den Grund dafür verortet sie in einer einerseits ganz besonders glücklichen Kindheit – erst in der Eifel, dann im rheinländischen Erkelenz. „Mein Vater war Arzt und ich hatte alles, was es zu einer glücklichen Kindheit braucht“, sagt sie. Das seien vor allem wunderbare Eltern und viel Zeit zum Spielen in der Natur gewesen. Andererseits hat ihre Selbstbestimmtheit aber auch traurige Wurzeln. Ihre Mutter starb, als sie neun Jahre alt war. „Ich habe sie schmerzlich vermisst, und alle Zugehfrauen, die kamen, um sich um mich zu kümmern, hatten es nicht leicht mit mir. Sie konzentrierten sich dann lieber auf meinen kleinen Bruder“, erzählt sie.  Die drei ersten drei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter tat sie, was sie für richtig hielt. „Das war prägend“, lächelt sie. Ihr Vater arbeitete viel und Irmgard nutzte die unbeaufsichtigte Zeit, um zu lernen, auf sich selbst aufzupassen. „Das konnte ich irgendwann und es hat mich durch mein Leben getragen“, ist sie überzeugt.

Familie und Freunde sehen Irmgards Entwicklung mit Sorge und drängen ihren Vater, wieder zu heiraten. Er findet seine zweite große Liebe – und Irmgard nach einigen Jahren des Zuwiderseins eine tolle Stiefmutter, mit der sie sich innig verbunden fühlt. „Meine Stiefmutter erzählte mir, dass meine Mutter eine erstklassige Tennisspielerin war“, erinnert sie sich. Ein Grund, um selbst mit dem Tennisspielen zu beginnen. Sie ist damals schnell ein respektiertes Mitglied im Jungenteam und wird viele Jahre später Europameisterin der Seniorinnen in Seefeld.

Und dann ist Krieg. Tennisspielen ist nun nicht mehr möglich. Mit 16 Jahren trifft sie ihren künftigen Mann. Er ist Soldat auf dem Weg zur Front und macht mit Kameraden Station in Erkelenz. „Wir saßen bei einer Abendveranstaltung nebeneinander, haben uns gut unterhalten und er bat mich, bei meinem Vater vorsprechen zu dürfen, um mich wiedersehen zu können“ – Romantik in Zeiten des Krieges. Viele Briefwechsel und einige Jahre später heiraten sie 1944.

Ihr Mann kehrt verwundet aus dem Krieg zurück und verliert ein Bein. „Ich war immer im Lazarett und sehr glücklich, als er entlassen wurde und wir ins Sommerhaus von Freunden am Schliersee ziehen konnten. 1945 kommt ihr Sohn zur Welt, „es war eine problemlose, schöne Zeit für uns“, erinnert sie sich. Doch ihr Mann möchte beruflich wieder Fußfassen, kauft einen alten Lkw von der Wehrmacht und versucht, ein Transportunternehmen aufzubauen, „aber das war nicht der richtige Beruf für ihn“, erzählt sie.

Doch dann hilft der Zufall: Ihr Mann ist in München und steigt in ein Taxi, wo – wie damals üblich – schon einige Reisende saßen. „Der Sitznachbar stellte sich vor, mein Mann nannte auch seinen Namen, und dabei kam raus, dass der Mitreisende den Bruder meines Mannes in Wien kannte“, erzählt sie. Die beiden Männer kamen ins Gespräch und am Ende der Taxifahrt hatte ihr Mann seinen neuen Beruf gefunden: „Der Freund hatte in Hamburg eine Firma und handelte mit Speiseöl. Er durfte nicht nach Ungarn einreisen. Aber mein Mann durfte und baute das Ungarn-Geschäft auf – es lief bombig. Das ganze Leben ging nur bergauf“, fasst sie zusammen. 1948 kommt ihre erste Tochter zur Welt, 1953 die zweite.

Erst mit 40 Jahren – „meine Glücksjahre“, sagt sie – fängt sie wieder an Tennis zu spielen. Sie ist in der Zwischenzeit mit ihrem Mann und ihren drei Kindern nach Lohhof gezogen und baut dort einen Tennisverein auf. „Da habe ich mich richtig reingekniet“, erzählt sie stolz. Erst waren es 60 Mitglieder – alle ohne Tenniserfahrung –, dann 600 und 150 auf der Warteliste. „Es ist ein Spitzenverein in der Gegend geworden, den gab es zuvor nicht“, sagt sie.

Damals wurde in den Gaststätten geraucht, „mein Mann und ich fanden das furchtbar“ erzählt sie. Also war Skat lediglich ein privates Freizeitvergnügen mit Freunden. Doch dann kam das Rauchverbot und Irmgard wurde erst Mitglied in Garching, dann in Lohhof (dort ist sie Ehrenmitglied) und später bei den Skathexen.

Das Tennisspielen hat sie längst aufgegeben. Das Skatspielen nicht. Auch mit 100 Jahren kommt sie noch regelmäßig zu den Spielabenden. Ihren 100. Geburtstag feiert sie mit Familie, ihren drei Kindern mit Partnern, neun Enkeln mit Partnern und 15 Urenkeln. „Sie kommen alle zum Essen“, freut sie sich. Der Männergesangverein Lohhof, den ihr 2003 verstorbener Mann gegründet hatte, kommt ebenfalls und singt ihr ein paar Lieder, „zu denen mein Mann den Text geschrieben hatte“, freut sie sich. „Überhaupt – die Freude ist es, die mir gut durchs Leben geholfen hat“, sagt sie. „Ich habe immer alles positiv gesehen. Ich tratsche nicht. Und wenn es schwierig war, ja, dann musste das eben erledigt werden.“ Und das klingt nun doch vernünftig – was Irmgard ja auch langsam werden möchte.

Herzlichen Glückwunsch zu 100 Jahren intensiv gelebtes Leben, liebe Irmgard. Die Skatgemeinschaft wünscht Dir alles Liebe und allzeit gut Blatt. 


Der Skatclub Lohhofer Spitzbuam veranstaltet am 16. Juni um 15:30 ein Turnier aus Anlass des 100. Geburtstags von Irmgard. Die Einladung findet ihr hier.